Bergmann mit Almhütte - KulturAS - Ihre Gemeinschaft für Kultur und Reisen

2024/2025
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Helmut Heinl Autorenseite
"Leben in der Bergmannssiedlung"
Bergmann mit Almhütte

Unsere Bergleute waren, trotz der schweren Arbeit in der Grube, auch in ihrer Freizeit fleißig. Und manchmal fragt man sich, wo hatten die Leute ihre Kraft her? Viele arbeiteten beim „Bartl“ oder beim Grottenhofbauern in der Landwirtschaft. Manche hatten Tauben und einige wenige spezialisierten sich auf Obstbaumschnitt und -veredelung. Es gab aber auch ganz ausgefallene Hobbys am Feuerhof. Eines davon war der Miniatur-Nachbau von Schlössern, ein anderes die ausgeprägte Liebe zu den Bergen, die sich im Bau einer Almhütte zeigte.
Letzteres pflegte der Bergmann Jakob Gebhardt. Sein Traumziel war das Gebirge. Sooft es der Urlaub und der Geldbeutel zuließen, fuhr er mit seiner Frau auf dem Motorrad nach Bad Reichenhall. Auf der „Maschin“ nahm er die Ausstattung für sein Lieblingsobjekt mit nach Hause. Während kaum einer der Bergleute überhaupt ein Gartenhaus besaß, war die liebevoll gestaltete Almhütte der Blickfang neben dem Siedlungshäuschen.
Rings um den Dachüberstand hingen selbst angefertigte Schnitzereien. Die Fenster waren mit bunten Fensterläden geschmückt, das Dach mit echten Holzschindeln gedeckt. Und auf dem lagen - statt Steinen- kopfgroße, bunte Glasbrocken. Wir Kinder waren von den glitzernden Brocken fasziniert. Das galt genauso für die detailgenau gestaltete Miniatur-Gebirgslandschaft aus Dolomitsteinen, vor der Hütte. Sie war mit Zwergen, anderen Figuren und sogar einer Seilbahn ausgestattet. Wo gab es das sonst? In der damals medienarmen Zeit war das Häuschen ein echter Hingucker.
Gebhardt war aber auch, wie könnte es anders sein, ein sehr aktives Mitglied im Sulzbacher Gebirgstrachtenverein. Sooft es ging, war er mit seiner „Wix“ und dem Hut mit Gamsbart unterwegs. Dazu muss man wissen, dass seit der Jahrhundertwende das Gebirge und die dort heimischen Trachten in ganz Bayern groß in Mode waren. Mein Haus in der Edelsfelder Straße war beim Umbau 1914 ebenfalls von dieser Idee inspiriert.
Jackls Liebe zum Gebirge setzte sich im Inneren der Hütte fort. An den Wänden hingen Reh-und Hirschgeweihe, ein geschnitztes Kreuz und eine Kuckucksuhr. Alles auf dem Motorrad zum Feuerhof gefahren. Da er auch ein guter Schnitzer und Tüftler war, schmückte er seine „Almhütte“ im Inneren vielfältig aus. Aber, so schön die Hütte war, Kinder aus der Nachbarschaft durften nicht hinein.
Zu dieser Alm gab es einen Vorgängerbau, den Gebhardt abbaute, weil sie zu klein oder zu alt war. Die stellte der leidenschaftliche Trachtler dann seinem Verein für einen Umzug zur Verfügung. Das Bild, vom Fotohaus Jäger aufgenommen, zeigt den Leiterwagen mit Hütte und Besitzer.


Umzug Trachtenverein am Marktplatz. Bild: Fotohaus Jäger

Der Jackl war aber nicht nur wegen seiner Alm bekannt. Er hatte zwei Nebentätigkeiten. Einmal arbeitete er als Behelfsschuster für einen Teil der Nachbarn. Waren Schuhe durchgelaufen und konnten nicht mehr richtig besohlt werden, nagelte sie der Bergmann auf dicke Holzsohlen, die er selbst schnitzte. So konnte das Oberteil aus Leder noch lange weiter benützt werden. Manfred Hausner erinnerte sich, dass sie als Kinder mit diesen „Holzschuhen“ täglich in die Schule laufen mussten. Im Winter klebte der Schnee, am steifen Holz fest und wurde immer dicker. Das war für die Kinder etwas Besonderes, weil sie damit – wie bei Plateauschuhen – ein Stück größer wurden. Die alten Feuerhofer kennen diese Schuhe, aus ihrer Kindheit.
Außerdem betätigte sich der Bergmann als „Tabakschneider“. Dazu hatte er sich eine Tabak-Schneidemaschine gebaut. Damit schnitt er den von den Bergleuten selbst angebauten Tabak in feine Streifen, damit er in Zigaretten gerollt oder in der Pfeife geraucht werden konnte. Die Kinder mussten die getrockneten und fermentierten Tabakblätter immer zum Schneiden tragen und den fertigen Feinschnitt wieder abholen. So hat sich der Bergmann etwas dazu verdient, damit er sich seinen Traum eher leisten konnte.


Bild um 1980: Archiv Heinl

Die Hütte steht heute noch, liebevoll gepflegt, in der Glückaufstraße, wenn auch nicht mehr so schmuck wie vor 60 Jahren. Die Erben mussten das Dach neu einblechen. Darauf halten die Glassteine nicht mehr. Die Figuren und Zwerge im Steingarten sind längst verwittert, das Minigebirge abgebaut.
Etwas Besonderes aber gibt es noch: Der Zaun entlang der Glückaufstraße besteht noch aus Heckenrosen, wie er vor 80 Jahren angelegt wurde. Damals wurde jedes Grundstück mit diesen stacheligen Hecken eingezäunt oder wie die Siedler sagten „Haiferlstauan“. Das war billig und äußerst wirkungsvoll, denn weder Mensch noch Tier konnten sie durchdringen. Außerdem konnten die Siedlerfrauen im Herbst aus den Früchten Marmelade kochen.

© Helmut Heinl 12/2020

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