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"Leben in der Bergmannssiedlung"
Sulzbachs größte Wärmeresource ?
Die
größte Bergbauaktivität in unserer Stadt war das Abteufen des St. Anna
Schachtes und das Auffahren der Richtstrecke von dort nach Großenfalz.
Das ist eine über 3 km lange „Röhre“ in ca. 100 m Tiefe, in den festen
Malmkalk gebohrt und gesprengt.
Nach
Schließung des Sankt-Anna-Schachtes, im Jahr 1974, wurden die Dammtore
an beiden Enden der Richtstrecke für immer geschlossen. Die Pumpen
wurden abgeschaltet und ausgebaut. Das gesamte Bergwerksgebäude von
Großenfalz bis unter den Lobenhof lief innerhalb weniger Wochen voll
Wasser. Da die Verbindung zwischen Großenfalz und dem St. Anna Schacht
im stabilen Malmkalk aufgefahren und größtenteils mit Spritzbeton
ausgekleidet wurde, ist sie – wie eine unterirdische Höhle im Kalk –
unverändert stabil. Das war Grundvoraussetzung, denn in dieser Röhre
erfolgte der gesamte Transport von Mannschaft, Erzen und Material
zwischen Großenfalz, Klenzeschacht und dem St. Anna Schacht. Jeder
Schaden an dieser Verbindung hätte gravierende wirtschaftliche
Auswirkungen für die Erzproduktion gehabt. Alle Bergsenkungen, die mit
der Ausbeutung der Erzfelder nach über Tage entstanden, hatten dort
unten keine Auswirkungen.
Das
Baugebiet Katzenberg war bei Kartenerstellung noch nicht vorhanden.
Quelle: Markscheiderei der Maxhütte; die Jahreszahlen zeigen das Ende
des jeweiligen Abbaus.
In
dieser Röhre befinden sich Zehntausende Kubikmeter Wasser, die als
unbegrenzt nutzbarer Wärmespeicher verwendet werden können. Bei einer
Länge von ca. 3600 Meter mit einem Querschnitt von mehr als 10 m² ergibt
sich eine Speichermenge von mindestens 36.000 cbm Wasser. Entnimmt man
das Wasser an einer Stelle, kühlt es mit einer Wärmepumpe ab und leitet
es einige 100 m entfernt wieder ein, funktioniert das wie ein
Grundwasserbrunnen. In der „Röhre“ entsteht ein Kreislauf, der permanent
Erdwärme aufnimmt und damit als Speichermedium dient. Unsere Stadt hat
mit diesem verborgenen Relikt aus der Bergbaugeschichte einen riesigen
Speicher, der einmal angezapft, unbegrenzt Erdwärme liefern kann.
Durch
die riesigen Dimensionen ist man nicht darauf angewiesen,
wasserführende Schichten zu finden, oder in den Grundwasserspiegel
einzugreifen.
Natürlich ist das Anzapfen dieser Ressource mit Aufwand verbunden. Es ist zu prüfen, ob das ca. 8 – 12°A
warme Wasser verwendet werden kann. Dazu sind bergrechtliche und
wasserrechtliche Genehmigungen erforderlich. Die Röhre muss von über
Tage eingemessen und angebohrt werden. Dazu wurden genaue Pläne beim
Bergamt abgeliefert, die von den Markscheidern durch ZulegerisseB
präzisiert wurden. Sie sind so genau, dass man bei einem
Bergwerksunglück die Verschütteten mit einer punktgenauen
Rettungsbohrung hätte bergen können.C
Die
Aufschlussarbeiten sind aber keine Geothermiebohrungen, die evtl. mit
Risiken verbunden sein könnten. Es wird einfach der vorhandene
„Speicher“ angezapft und das im Überfluss vorhandene Wasser genutzt. Das
Risiko liegt vor allem in der Qualität des Wassers.D
Die Bohrarbeiten kosten zunächst einmal viel Geld. Ist aber der
Wärmespeicher erst einmal angezapft, und mit einer großen Wärmepumpe
nutzbar gemacht, lassen sich damit große Neubaugebiete umweltfreundlich
erwärmen. Selbst gering temperiertes Wasser kann damit in
Niedertemperatur-Heizanlagen, wie sie in modernen Häusern üblich sind,
Heizungsvorlauftemperaturen von 40 bis 45 Grad erreichen.“ Die Nutzung
einer Wasser-Wärmepumpe ist hoch effizient. Vor allem wenn sie mit immer
gleich bleibender Wassertemperatur gespeist wird. Nur die Saugpumpe und
Wärmepumpe müssen betrieben werden. Dies erfordert etwa ein Fünftel der
Heizenergie, die aus dem Grubenwasser gewonnen wird. Das Fraunhofer
Institut München spricht in einem Podcast von „Ewigkeitsnutzen statt
Ewigkeitslasten“.
Es
wäre also wert, so ein Projekt ergebnisoffen zu prüfen, denn Erdwärme
ist emissionsfrei und wird unendlich kostenlos zur Verfügung stehen.
[A]
Eingeleitetes Grubenwasser wurde 1960 mit 10 – 12 ° angegeben. Gutachten Bay.
Landesamt f. Wasserversorgung u.a. vom 5.7.1960.
[B]
Zusätzliche Handzeichnungen mit Maßen.
[C]
Krampfl Max, Berg-Vermessungsingenieur hat diese Pläne unter dem Markscheider
Dr. Eckmann angefertigt.
Die Bergwerksleitung hatte diesbezügliche Anfragen an
das Bergamt zu beantworten.
[D]
Grubenwässer aus Erzfeldern enthalten gelöstes Eisen.
© Helmut Heinl 1/2023