Außerplanmäßiger Ausstieg - KulturAS - Ihre Gemeinschaft für Kultur und Reisen

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"Leben in der Bergmannssiedlung"
„Außerplanmäßiger Ausstieg“

Der Annaberg steht auch heute noch auf gutem Erz. Der „Erzbuckel“ wie Bergwerksdirektor Kirschhock sich ausdrückte, ging vom St. Anna Schacht bis weit unter den Annaberg. Um die Annabergkirche zu schützen, wies man darunter einen sog. Sicherheitspfeiler i  aus. Der Erzabbau am Südhang hatte dennoch zur Folge, dass Senkungen auftraten und die Kirche Risse bekam.

Größere Senkungen gab es östlich vom Schelmesgraben. Die tiefen Pingen ii  sind heute sichtbar, wenn man den Fußweg am Annaberg Südhang, Richtung Lobenhof, entlang geht. Ursache dafür waren Uraltungen iii  beim ehemaligen Schützenheim. Dort konnte der kundige Bergmann schon am Gelände die Pingen des früheren Bergbaus erkennen.

Als der Abbau dann vom Annaschacht her in den noch vorhandenen Erzkörper kam, stießen die Bergleute auf mehrere Uraltungen. Obersteiger Ritter erzählte, dass „die Alten“ erhebliche Erzreste (hartes Erz) zurückgelassen hatten. Bei deren Abbau kam man bis dicht an die Oberfläche. Ursache war, dass das Erz und damit der Erzabbau bis zu 20 m, möglicherweise auch bis zu 10 m unter die Erdoberfläche hoch gingen. Die geringe Überdeckung veranlasste die dort arbeitenden Bergleute, durch die restlichen Meter einen kleinen, einfach ausgezimmerten Schacht, nach oben, ans Tageslicht aufzufahren. Obersteiger Ritter hatte das genehmigt, denn so konnten frische Wetter (frische Luft) in den Schacht einziehen und die Belüftung deutlich verbessern iv. Der Nebeneffekt war, die Kameraden stiegen zum Rauchen an die frische Luft. Und sie holten sich - was der Obersteiger nicht wusste - regelmäßig ein Kastl Bier in die Grube. Flaschenbier war unter Tage verboten. Dennoch, die Kameraden sprachen sich ab, wer sein Auto am Annabergweg parkte. Der holte dann auch, während der Schicht, das Bier aus dem Kofferraum. Damit der Steiger nichts merkte, verschwand der Kasten, direkt neben dem Schacht, unter ein paar Schwarten.

Das „Schachtl“ war oben mit einer Bretterhütte überbaut. Sie war von innen verschlossen, damit niemand hineinstürzte. Anlieger und Spaziergänger wussten nicht, was der Verschlag zu bedeuten hatte, vor allem nicht, dass er ins Bergwerk führte. Die Schachtöffnung war mehrere Wochen offen, bis sie durch den darunter fortschreitenden Erzabbau einstürzte. Auf der Ostseite des jetzigen Parkplatzes brach ein großes Loch ein. Bäume hingen so schief, dass sie gefällt werden mussten. Das Areal wurde abgesperrt und die Reste der Hütte verschwanden im nachrutschenden Boden. Der Erdtrichter wurde später großflächig aufgefüllt.

Solche großen Erdsenkungen sind heute nicht mehr vorstellbar. Damals war das normal, denn der Bergbau und die Bruchgebiete waren allgegenwärtig.

© Helmut Heinl 2/2023
i Siehe Seite „Begriffe aus dem Bergbau in Sulzbach-Rosenberg“
ii dito
iii dito
iv Die Abwetter (verbrauchte Luft) wurden über den Luftschacht ausgeblasen.
Quellen: Obersteiger Ludwig Ritter, Bergwerksdirektor Eugen Kirschhock
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